Im Moment schwitzen wir bei 42°C (jaja, wir wollen euch alle richtig neidisch machen!) im Roten Zentrum von Australien und unternehmen ganz früh Wanderungen zu den Steinen. Der Bericht kommt aber erst später, jetzt gibt es erst noch einen Nachtrag über zwei schöne Ausflüge von Cudlee Creek aus, etwas Geschichtsunterricht inbegriffen!
Victor Harbor
Am Silvestertag lädt uns Inge zu einem Ausflug nach Victor Harbor ein. Hier scheint sich so ziemlich keiner was aus diesem Tag zu machen (zumindest nicht in unserer Familie) und uns ist auch überhaupt nicht wie Jahresabschluss mit Trallalla und Feuerwerk zumute. Letzteres ist hier wegen der Trockenheit sowieso verboten, nur in größeren Städten gibt es an zentraler Stelle eine von der Feuerwehr überwachte Knallerei. Also auf nach Süden, an die Küste.
Victor Harbor liegt an der südöstlichen Flanke der Fleurieu Peninsula, in der Encounter Bay. Die Encounter waren in diesem Fall ein Engländer und ein Franzose. Anfang des 19. Jhd. war die Entdeckungslust groß. Alle großen Seemächte schickten Schiffe aus, um neues Land zu erkunden. Und Australien, die Terra Nullis, war ganz groß angesagt, man würde wohl heute sagen: trendy! 😉
Matthew Flinders auf der H.M.S. Investigator kam am 8. April 1802 von Kangaroo Island rübergesegelt (da standen wir ja neulich schon auf dem von ihm erstbestiegenen und benannten Prospect Hill). Mit an Bord war übrigens auch John Franklin, der Erforscher der Arktis und der Nordwestpassage (In dem Zusammenhang kann ich allen nur die Lektüre des Buches „Die Entdeckung der Langsamkeit“ von Sten Nadolny empfehlen. Eine spannende Biografie John Franklins sowie interessante Zeitgeschichte). Und die trafen in dieser Bucht just auf ein französisches Schiff. Die M.F. Le Geographe unter Nicolas Baudin war auch auf der Suche nach neuem Land. Und obwohl beide Länder zu dieser Zeit so gar nicht gut miteinander konnten, teilte man seine Entdeckungen friedlich und Flinders taufte die Bucht auf den Namen „Encounter Bay“.
Heute ist Victor Harbor einer der beliebtesten Urlaubsorte South Australias. Ferienhaus reiht sich an Ferienhaus und das zieht sich die Hügel hoch und bis an den Horizont. Ich habe irgendwo gelesen, dass wahrscheinlich fast jeder Südaustralier zwei Häuser besitzt: Eins in Adelaide und eines am Meer. In Adelaide wohnen sowieso fast alle (1,1 Mio. der 1,2 Mio. Einwohner). Also ist alles recht bebaut, obwohl man hier Gott sei Dank große Hotelburgen wie am Mittelmeer vermisst (eigentlich nicht wirklich). Auch im Urlaub lebt der Australier seinen Wunsch zum eigenen Haus aus.
Victor Harbor sollte eigentlich fast mal Hauptstadt von SA werden, dann wurde es aber doch Adelaide. Zumindest war es lange eine ganz bedeutende Hafenstadt. Da die Encounter Bay jedoch seefahrerisch etwas tückisch ist, baute man eine Brücke zur Granite Island, legte dort einen Hafen an und verschiffte die Produkte (meist Getreide, Wein und Wolle) der neuen Ländereien von hier aus ins alte Europa. Über die Brücke führt auch heute noch die alte Pferdebahn, jedoch nur noch zur Erbauung der Badegäste und Touristen. Der Ort ist im Moment zur Urlaubszeit recht belebt, den meisten Teil des Jahres aber sehr ruhig. Dann wohnen hier nur Pensionäre, die die Seeluft genießen.
Granite Island ist sehr bekannt durch seine Pinguin Kolonie. Die Wappentiere der Insel können wir aber leider nicht sehen. Die kommen nur nachts raus, am Tag ist es ihnen einfach zu heiß hier.
Wir drehen eine Runde auf der Insel und treffen auf recht anschauliche Felsformationen, die es eigentlich fast mit den Remarkable Rocks auf KI aufnehmen könnten. Aber so groß und berühmt sind sie dann doch nicht geworden.
Von hier hat man auch einen sehr guten Ausblick auf Rosetta Island, The Bluff genannt. Dort hat man in früherer Zeit versucht, Bodenschätze abzubauen. Hat sich aber wohl nicht so gelohnt.
Die See brodelt trotz schönem Wetters ganz schön gegen das Eiland, die Gischt spritzt und ein Wassergeist hat vor Wut über all die Touristen Schaum vorm Mund. 😀
Das lässt uns jedoch kalt. Nach einer gehörigen Portion Fish & Chips am Hafen und einer kleinen Runde über „The Bluff“ fahren wir zurück nach Cudlee Creek. Hier will keiner so richtig Silvester feiern. Die Kinder sind beizeiten im Bett und Andrew will auch verschwinden, da er Neujahr wieder Frühschicht hat. Wir fragen ihn noch, ob wir uns ein kleines Feuerchen machen können. Es ist ja so ziemlich knochentrocken, aber er als Feuerwehrmann sollte das schon abschätzen können. Und so feiern wir vor unserer Hütte in ein Jahr 2009 hinein, das hoffentlich genauso gut weitergeht, wie das alte geendet hat.
Barossa Valley
Am Samstag den 03.01. wollen wir noch einmal ein bisschen auf geschichtlichen Spuren wandeln und machen einen Ausflug ins Barossa Valley. Dieses Tal liegt so 80 km nordöstlich von Adelaide und ist bekannt und berühmt für seine Weine und für Obstanbau. Wir starten und erreichen nach kurzer Fahrt zuerst einen Ort, der nicht so richtig etwas mit dem Barossa zu tun hat, aber auch eine interessante Geschichte hat. Im Oktober 1855 kam im Zuge des allgemeinen Trends Johann Friedrich Herbig, ein Schneider aus Grünberg in Schlesien (heute Zielona Gora) hier in South Australia an. Wie es ihn nach Springton, den Ort hier, verschlug, weiß man nicht mehr so genau. Jedenfalls wählte er sich den Stamm eines großen und horrnalten Gumtrees für 5 Jahre als Unterkunft aus. Er heiratete und erst nach der Geburt seines zweiten Kindes baute er sich ein eigenes Haus. Später hatte er insgesamt 16 Kinder. Sachen gibt’s!
Weiter führt uns unser Weg nach Angaston. Dieser Ort wurde von George Fife Angas, einem betuchten Engländer, so um 1840 herum gegründet. Anders als in New South Wales, wo die Staatsgründung etwas eher und hauptsächlich mit von England verschifften Häftlingen begann, wurde South Australia von Engländern, Deutschen und Italienern gegründet und besiedelt. Angas wollte hier seine Vision einer idealen Gesellschaft verwirklichen und ermunterte viele, besonders auch deutsche Handwerker und Landwirte, in dieses neue Land zu kommen. Das mit der idealen Gesellschaft klappte aber wohl auch hier nicht so ganz. Jedoch bildeten sich hier blühende und wohlhabende Gemeinden. Im Ort lesen wir viele Tafeln die bezeugen, dass die meisten der riesigen Land-, meist Weingüter, seit Generationen in Familienbesitz sind.
Ähnliche Geschichte hat auch Tanunda, ehemals Langmeil. Die Orte hier haben eigentlich alle früher deutsche Namen gehabt, wurden aber so um 1920 herum dann nach Aboriginalnamen benennt. Hier besuchen wir den Friedhof nebst evangelisch lutherischer Kirche. Es ist ein komisches Gefühl, hier auf der anderen Seite der Welt auf einem Friedhof zu stehen, wo die Steine zu mindestens 90 % deutsche Namen tragen. Irgendwie hängen die Geschichten unser beider Länder ganz eng zusammen. Jetzt hat sich das Leben zwar mehr und mehr dem gesamten australischen angeglichen, trotzdem ist es fast etwas „heimatlich“ hier, aber anders als in Hahndorf vor ein paar Tagen (siehe den Text X-mas Down Under).
Zum Schluss fahren wir noch auf einen Hügel östlich des Ortes. Hier hat man ein Memorial errichtet, es gibt einen Skulpturenpark und man hat einen prima Blick über das Land. Es fällt auf, dass soweit das Auge reicht nur Weinfelder zu sehen sind. Wir fahren auch später, auf unserem Heimweg, kilometerweit durch Weinfelder wie schon einmal in der Coonawarra Region. Ich habe gelesen, dass vor ca. 15 Jahren die Farmer von der Regierung mit Förderprogrammen ermuntert wurden, auf Weinanbau überzugehen. Das machten auch sehr viele mit dem Erfolg, dass Australien heute „in Wein ertrinkt“ (Zitat). Und wirklich, wir hätten hier nie eine so große Menge an gutem Wein erwartet sowie eine ausgeprägte Weinkultur. Selbst kann das Land den ganzen Saft gar nicht trinken und so wird viel exportiert. Auf Grund der Menge fallen die Preise und auch das immer trockenere Wetter macht den Weinbauern Probleme. Aber so ist das ja mit allen Monokulturen in der Landwirtschaft. Uns schmeckt der Wein aber, und schön anzuschauen sind die Felder auch.
Wieder kommt der erste Kommentar von mir. Sehr interessant, dieses Ausmaß an German roots war mir bisher noch nicht bewusst. Gibt es denn in den evangelisch-lutherischen Kirchen auch Konzertmöglichkeiten? Lasst Euch weiter braun brennen und seid herzlich gegrüßt!
Comment by WolfRam Dix — 9. Januar 2009 @ 18:11
Ja, Wolfram. In den Kirchen von dem Barossa Tal werden manchmal Konzerte gegeben. Ich weiss jetzt nicht ob ein Festival von Kammermisik weiter geht, denn unser Staat ist zu klein und zu weit weg von der Ostkueste. Jede Kirche in dem Tal ist gut erhalten, denn es gibt Maenner in der Gemeinde die auf dem Land sind! Oh und George Fife Angas war in 1840 taetig nicht 1940!! Ja wir sind ein junges Land, aber nur vom weissen Standpunkt angesehen. Die Aboriginals sind schon seit 40 000 + Jahren hier.
Comment by Inge Geytenbeek — 13. Januar 2009 @ 05:34
Danke liebe Inge für die Berichtigung der Jahreszahl, hab’s gleich mal geändert. Sind heute vor dem schlechten Wetter von Arlie Beach aus 500 km nach Süden geflohen 😉 Morgen wollen wir nach Hervey Bay weiterfahren, um dann unsere letzten paar Tage Down Under hoffentlich bei schönem Wetter mal am Strand verbringen zu können. Aber wie ich Mr. & Mrs. Noah so kenne……. 😮
Comment by Olaf — 13. Januar 2009 @ 14:18